Aberglaube
(ahd. Afterglaube, falscher Glaube)

HANDBUCH ORIENTIERUNG: Religionen, Kirchen, Sekten, Weltanschauungen, Esoterik.1. Was ist Aberglaube?

Aberglaube im weitesten Sinn ist jede Art von Glauben, die nicht Gott als Glaubensinhalt hat.

Glauben heisst:
    Gott zum Herrn haben.

Aberglaube heisst:
    Herr über Gott sein wollen.

Aberglaube ist ein Symptom für versteckten oder offensichtlichen Mangel an Gottesglauben. Aberglaube ist somit letztlich Unglaube, da es auf dem Gebiet des Glaubens kein Sowohl-als-Auch, keine Lauheit (Offb 3,15 f.) gibt. Luther sagt sinngemäß:

Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott.

Das ist also Aberglaube im weitesten Sinn: auf das sein Vertrauen setzen, was uns von Gott abhält. Das können okkulte Praktiken, aber auch außer- und pseudochristliche Weltanschauungen, Götzen-, Menschenverehrung und Ichsucht sein. Im engeren Sinn bezieht sich Aberglaube auf gewisse abergläubische Praktiken, auf das Feld des Okkultismus. Zu den abergläubischen Praktiken gehören z.B. Astrologie (Sternenglaube), Spiritismus (Geisterglaube), Amulett- und Talismanglaube, Zahlenglaube (z.B. Angst vor der Zahl 13), Pendeln und Wünschelrutenlaufen (Radiästhesie), Besprechen von Kranken, Handliniendeutung (Handlesen), Kartenlegen, Zauberei, Hellsehen und Wahrsagen.

2. Warum greifen Menschen zu abergläubischen Praktiken?

Aberglaube kommt aus einer falschen Lebensgier und -angst. Man will mehr wissen und dadurch mehr erreichen, als man mit Hilfe der natürlichen Sinne kann. Und weil man Gott, der souverän ist, nicht auf Wunsch "ausquetschen" kann, geht man zum Kartenleger, Astrologen, Hellseher oder Wunderheiler (vgl. Sauls Befragung der Totenbeschwörerin von Endor; 1. Sam 28). Dadurch, dass man Einblick in die Zukunft, Geisterwelt und vermeintliche eigene Bestimmung erhält, meint man, glücklicher zu werden. In Wirklichkeit tritt aber das Gegenteil ein. Wer ist z.B. glücklich, wenn er bei einer Wahrsagerin von seinem baldigen Tod erfährt — oder von einem nahenden Unglück — oder von seinen eigenen Schwächen? Das kann ja auch vorkommen und ist Saul (1. Sam 28) geschehen. Voraussagen müssen durchaus nicht immer Schönes und Positives enthalten. Wenn ein Wahrsager nur Positives "voraussagt", kann man sicher sein, dass er betrügt. Wenn er aber Negatives voraussagt, dann kann das mitunter schreckliche Folgen haben. Es sind Fälle bekannt, in denen Menschen "offenbart" wurde, sie würden zu der und der Zeit sterben. Und tatsächlich wurden sie krank und starben, aber sehr wahrscheinlich aus Angst, die sich vor dem näherrückenden Todestermin immer mehr verstärkt hatte. Durch die Wahrsagerei war eine negative Programmierung des ganzen Wesens eingetreten. Es gibt allerdings auch echte Voraussagen, und damit sind wir zu der Frage gelangt:

3. Was ist dran am Aberglauben, und was sagt die Bibel dazu?

a. Grundlegend ist das erste Gebot (2. Mose 20,3 u. 5. Mose 5,7):

"Du sollst keine anderen Götter neben mir haben."

Sterne, Maskottchen, Geister sind aber andere Götter für den Abergläubischen. Und was noch schlimmer ist: In der Gier, die Zukunft zu wissen, will der Mensch selbst sein wie Gott (vgl. 1. Mose 3.5).

b. Dann das zweite Gebot

(nach reformierter Zählung) (2. Mose 20,4ff. u. 5. Mose 5,8ff.):

"Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden ist, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht!"

Das Bilderverbot bezieht sich darauf, dass man nichts Gegenständliches verehren soll. Gott steht in seiner Majestät über den geschöpflichen Wesen und Dingen, und die geschöpflichen Wesen und Dinge selbst sind der Verehrung nicht würdig. Jede Verehrung eines Geschöpfes statt des Schöpfers, und sei es ein von Menschen geschaffenes (!) Gottesbild, ist Götzendienst und damit Aberglaube (Röm 1,22-25).

c. 5. Mose 18,9 ff.:

 "... der seinen Sohn oder seine Tochter durchs Feuer gehen lässt oder Wahrsagerei, Hellseherei, geheime Künste oder Zauberei treibt oder Bannungen oder Geisterbeschwörungen oder Zeichendeuterei vornimmt oder die Toten befragt ... wer das tut, der ist dem Herrn ein Gräuel ...".

Hier werden solche Praktiken klar verurteilt.

d. Anderen Stellen

An anderen Stellen wird Aberglaube als Rückfall in das Heidentum bezeichnet und der Betreffende mit der Ausrottung aus Gottes Volk bedroht; vgl. insbesondere 2. Mose 22,17; 3. Mose 20,6; Jes 8,19; Jer 2,13; Gal 4,8 ff.; 5,19ff.; Offb 21,8.

Warum diese eindringlichen Warnungen? Die Bibel kennt den Satan als lebendige, persönliche Macht (Offb 20,2 u.ö.). Der Satan herrscht über ein Heer von Dämonen, bösen Geistern, gefallenen Engeln, über ein gottwidriges Reich (Lk 10,17 f.; Mt 12,22ff.; Eph 6,11ff. u.ö.). Er wirkt als Ankläger des Menschen vor Gott (Hi 1,6 ff. u.ö.), als Versucher (Mt 4,1 ff. par.) und deshalb als der Böse in der Welt. Er ist keine absolute Gegenmacht zu Gott, sondern Gott gibt ihm einen festgelegten Handlungsspielraum, um auf Menschen Einfluss zu nehmen (vgl. Hi 1f.). Unsere Schwäche ist seine große Stunde (Mt 4,2; 6,13). Wenn wir uns ihm öffnen, schlägt er zu.

Das heisst: wenn wir uns auf Praktiken einlassen, die an Gott vorbei und ohne Gott zu Glück und Erkenntnis führen sollen, gewinnt Satan mit seinem Dämonenheer in unserem Leben Macht. Auch böse Mächte können äusserlich helfen und Wunder tun, sogar unter Missbrauch des Gottesnamens. Aber der Tribut, den sie fordern, ist das Opfer der "Seele", d.h. des Menschen in der Ewigkeit (vgl. Mt 24,24; 2. Kor 11,14; 2. Thess 2,9; Offb 13,13f.). So kennt die Bibel auch das Problem der Besessenheit, (Mt 8,28ff.par; 10,8; 12,22ff.; u.ö.). Die Beschreibungen sind so plastisch und konkret, dass man Besessenheit schwerlich als antike Umschreibung psychosomatischer Störungen abtun kann, wie es heute oft geschieht. Sicherlich sind heute viele Krankheiten medizinisch erklärbar, das schließt aber in besonderen Fällen dämonische Besessenheit nicht aus.

4. Weitere Hinweise zum Thema "Aberglaube"

a. Psychologie

In der Psychologie hat sich ein Forschungszweig herausgebildet, der sich als Wissenschaft vom Übersinnlichen versteht: die Parapsychologie. Sie versucht, übersinnliche Phänomene rational zu erklären, stößt damit aber immer wieder an Grenzen. Sie kann zwar Erscheinungen analysieren, aber oft nicht die Hintergründe und Ursachen der Erscheinungen erfassen. Somit bleibt (von Betrug abgesehen) im Einzelfall offen, ob es sich um natürliche, psychologische, dämonische oder göttliche Ursachen handelt. Für die Augen des bevollmächtigten Christen allerdings gibt es Kriterien, um die Geister zu unterscheiden (1. Kor 12,10).

b. Fatalismus

Aberglaube führt in verhängnisvollen Fatalismus (blinde Ergebung in das "Schicksal") und Eudämonismus (pflichtvergessenes Glücksstreben) hinein.

Fatalismus besagt: Ist die Zukunft bekannt, so kann man nichts mehr ändern. Der abergläubisch Beeinflusste vergräbt sich entweder in passive Resignation oder fällt in krankhafte Angst. Im Eudämonismus wird der Glückstrieb das Beherrschende. Wer nur nach seinem Glück fragt, vernachlässigt Pflichten und damit das elementare Gebot der Nächstenliebe. Beispielsweise kann der Rat eines Wahrsagers: "Gehen Sie ins Ausland! Dort werden Sie ihr Glück machen" sehr gefährlich sein. Denn vielleicht ist der Platz eines so verführten jungen Menschen gerade zu Hause, wo er seine kranke Mutter pflegen soll.

c. Bibel

Wenn in der Bibel von abergläubischen Praktiken berichtet wird, dann ist dies immer unter dem negativen Vorzeichen von 2. Mose 20 und 5. Mose 18 zu sehen. Auch Mt 2,1ff. (Sterndeuter) stellt keine Rechtfertigung der Astrologie dar. Gott benutzt in seiner Allmacht in diesem Einzelfall (!) eine übernatürliche Erscheinung, um Heiden den Weg zum neugeborenen Retter aller Völker zu zeigen. Vom finsteren Sternglauben kommen sie zum hellen Licht des Lebens. Vom Messias und seiner Bedeutung hatten sie schon vorher gehört aufgrund der einzigen immer zugänglichen und göttlichen Offenbarungsquelle, der Heiligen Schrift. Gott als Schöpfer steht über den Geschöpfen (hier: den Sternen), und wir können nur dann wirklich etwas erfahren, wenn Gott es uns offenbaren will (Jes 8,16ff.; 47,12ff.).

d. Gegenstand unserer Verehrung

Entscheidend wichtig für uns ist, dass niemand außer Gott in seiner Dreieinigkeit Gegenstand unserer Verehrung und Furcht sein darf, weder Engel noch Dämonen noch Menschen noch Gegenstände (Kol 2,18; Hebr 1; Offb 19,10 u.ö.). Wir glauben nicht an Satan, sondern an Jesus. Wir müssen zwar mit der Existenz von Dämonen rechnen, aber wir dürfen von ihnen wegschauen und unser Leben vertrauend Jesus Christus anbefehlen. Wenn wir mit Jesus leben, beschützt er uns, und keine Macht kann uns von seiner Liebe trennen (Joh 12,31; Röm 8,38 f. u.ö.).

Lit.: L. Gassmann, Esoterik als Lebenshilfe?, 2001

Lothar Gassmann


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