Zur Zeit der Anfänge der ökumenischen Bewegung hielt sich die Römisch-Katholische Kirche sehr zurück. Von ihrem Selbstverständnis her ist es ihr nicht möglich, sich als gleichberechtigte Gemeinschaft in die Zahl der vielen Kirchen der Welt einzureihen. Da sich die Hälfte aller offiziellen Christen zur Kirche Roms zählte, sah diese Kirche in den anderen christlichen Konfessionen Schismatiker (Abgespaltene) oder Ketzer. Die Katholische Kirche betrachtet sich als im Vollbesitz der seligmachenden Gnade. In den Anfängen der "Konferenz für Glaube und Kirchenverfassung" gab es 1927 offizielle Versuche, auch Rom in diese Bewegung einzubetten. Trotz eines gewissen Wohlwollens Roms im Blick auf derartige Bestrebungen unter den anderen Kirchen, verbot Rom die Beteiligung von Katholiken an der Bewegung.
Erste vorsichtige Annäherungen an den ökumenischen Prozeß gab es unter Papst Pius XII. Zwar verbot er weiter die Mitarbeit von Katholiken in ökumenischen Aktivitäten im Umfeld des ÖRK, aber seine Einschätzung der Ökumeniker war maßvoller als frühere Verurteilungen von Gliedern anderer christlicher Konfessionen. In der Instruction "Ecclesia catholica" von 1949 hieß es:
"Der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie (die nichtkatholischen Kirchen) als Mittler des Heils zu gebrauchen."
Seit den 50er Jahren gab es erste vatikanisch legitimierte Gespräche mit der ÖRK-Arbeitsgruppe "Glaube und Kirchenverfassung". Der große Durchbruch kam dann mit dem II. Vatikanischen Konzil (1962-65).
Von vornherein stellte der Papst Johannes XXIII. das Konzil unter den Gedanken der Herstellung der Einheit der Kirche. Er erklärte in der Antrittsenzyklika "Ad Petri cathedram",
"das Hauptziel des Konzils besteht darin, die Entwicklung des katholischen Glaubens zu fördern, das christliche Leben der Gläubigen zu erneuern und die kirchliche Disziplin den Bedingungen unserer Zeit anzupassen".
Daran schloß der Papst eine erste, noch sehr vorsichtige Würdigung der ökumenischen Bewegung an:
"Wir haben auch zur Kenntnis genommen, daß fast alle diejenigen, die zwar von uns getrennt und unter sich gespalten sind, aber doch den Namen Christen tragen, des öfteren Versammlungen abgehalten haben, um Verbindungen unter sich zu knüpfen. Zu diesem Zweck haben sie feste Institutionen geschaffen. Diese Initiativen sind Ausdruck ihres lebhaften Wunsches, zumindest zu einer gewissen Einheit zu gelangen."
Danach rühmte er in seinem Schreiben die in der römisch-katholischen Kirche vorhandene Einheit der Lehre, der Leitung und des Kultes als ein ,,wunderbares Schauspiel". Er appellierte an die nichtrömischen Christen:
"Laßt euch von uns in liebevoller Sehnsucht Brüder und Söhne nennen. Laßt uns die Hoffnung auf eure Rückkehr hegen."
Die Sicht Johannes XXIII., daß die getrennten Brüder zurückkehren sollen, war und blieb das Verständnis katholischer Ökumene. Ganz gleich mit welchen Worten und Aktivitäten die Ökumenische Bewegung von römischer Seite vorangetrieben wurde, ging es doch immer um die Rückkehr der getrennten Brüder unter das Dach Roms. Im Konzilsdokument "Lumen gentium" heißt es dann auch im Blick auf die Einheit der Kirche und ihrer Bischöfe: "mit Petrus (d.h. dem Papst) und unter Petrus"!
Noch vor Beginn des Konzils wurde am 5.6.1960 das "Sekretariat für die Einheit der Christen" gegründet. Der Papst ernannte den 79jährigen hochqualifizierten Jesuitenpater und deutschen Kurienkardinal Augustin Bea zum Leiter des Sekretariats. Er war vorher unter anderem Leiter des Heiligen Offiziums (ehemals Inquisition). Sekretär wurde der spätere Nachfolger von Bea, der holländische Professor Jan Willebrands. 1992 übernahm Kardinal Edward Cassidy das Sekretariat - und nach ihm Kardinal Walter Kasper.
Nach den Worten Johannes XXIII. sollte dieses Sekretariat
"ein besonderes Zeugnis des Wohlwollens und der Liebe zu jenen darstellen, die den Namen Christi tragen, aber vom Apostolischen Stuhl getrennt sind".
Sein erster Zweck aber war nach Beas Worten:
"... die getrennten Gemeinschaften über die Vorbereitung und den Ablauf des Konzils zu unterrichten und die von den Nichtkatholiken ausgesprochenen Anregungen und Wünsche nach eingehender Prüfung den zuständigen Konzilskommissionen zuzuleiten. So ist das Sekretariat ein bevorzugter Treffpunkt zwischen der Katholischen Kirche und den getrennten Brüdern geworden, ein ausgezeichnetes Werkzeug für das Konzil, um der Einheit den Weg zu bereiten, da es nun den Nichtkatholiken eine einzigartige Möglichkeit bietet, die Katholische Kirche kennen, verstehen und schätzen zu lernen" ("Die Einheit der Christen", Augustin Bea, Freiburg 1963).
Die Einberufungsbulle "Humanae salutis" vom 25. Dezember 1961 erklärte dann offiziell, daß auch Nichtkatholiken zum Konzil eingeladen werden. Kardinal Bea verschickte Mitte des Jahres 1962 Einladungen an den ÖRK, verschiedene konfessionelle Weltbünde, an einzelne Kirchen, darunter auch an die EKD sowie Einzelpersönlichkeiten, die als Sondergäste geladen wurden. Es wurden Kirchen und Vertreter aller größeren Denominationen bis zu Pfingstlern und Adventisten eingeladen.
Im August 1960 kam es zu einem ersten offiziellen Treffen zwischen Kardinal Bea und dem Generalsekretär des ÖRK Visser´t Hooft. Im Dezember 1960 empfing Johannes XXIII. das geistliche Oberhaupt der Anglikanischen Kirche, den damaligen Erzbischof von Canterbury Dr. Fisher in Privataudienz. Wenige Monate später empfing der Papst den obersten Bischof der amerikanischen Episkopalkirche, Dr. Lichtner, sowie Dr. Jackson, den Präsidenten des Nationalen Baptisten-Bundes (Farbige) der USA. Auch Dr. Craig, der Präsident der Schottischen Presbyterianer, erhielt eine Privataudienz im Vatikan. Der Durchbruch war damit geschafft.
An der Vollversammlung des Ökumenischen Rates vom 19.11.-5.12.1961 nahmen erstmals fünf offizielle römisch-katholische Beobachter teil. Dies ist besonders interessant, da seit dieser Vollversammlung in Neu-Delhi der Einfluß des Proselytenbeschlusses gilt und die dort beigetretenen Orthodoxen Kirchen immer stärker wurden. Die Teilnahme von Vertretern Roms an den Tagungen des ÖRK wurde von da an ständige Praxis. Heute sind die katholischen Beobachter wie selbstverständlich in die Entscheidungsprozesse des ÖRK voll einbezogen. 1965 kam es dann zu einer ständigen Arbeitsgruppe "Vatikan-ÖRK", die mit je 12 Vertretern besetzt und voll stimmberechtigt ist.
Wie die Katholische Kirche ihr Verhältnis zu den getrennten Brüdern sieht, beantwortet Kardinal Bea in seinem Buch "Die Einheit der Christen" (Freiburg 1963):
"In der Tat spricht man mit Recht von ´Söhnen' und ,Brüdern'. Durch die Taufe werden, wie der Apostel Paulus lehrt, alle Getauften in Christus einverleibt: sie werden ,dem Bilde seines Sohnes gleichgestaltet, damit er selbst der Erstgeborene unter vielen Brüdern werde' (Röm. 8,29); sie werden, wie Petrus sagt, ,der göttlichen Natur teilhaftig' (2. Petr. 1, 4), mit einem Wort, wie Johannes sagt, ,Kinder Gottes' (1. Joh. 3, 1; vgl. Röm. 8, 14; Gal. 4,6). Durch die Taufe werden also alle Getauften unter sich Brüder und Schwestern, Glieder der einen großen Familie Christi. Diese Würde kann dem Getauften niemand nehmen, wenn er sie nicht selbst mit voller Kenntnis der Sache wegwirft. Diejenigen, die das von ihren Ahnen empfangene christliche Erbe im guten Glauben bewußt annehmen und bejahen, sind, auch wenn sie ,nicht zum sichtbaren Gefüge der katholischen Kirche gehören' (wie Papst Pius XII. es einmal ausdrückte), dem mystischen Leib Christi zugeordnet und erhalten infolge dieser Zuordnung auch Kraft und Gnade für ein christliches Leben; ,in ihnen wirkt' — wie ebenfalls Pius XII. sagt — ,der Geist Christi`." Bea folgert daraus: ,,Alle die, und nur die, die gültig getauft sind, muß die Kirche (Römisch-Katholische Kirche; R.W.) als irgendwie zu sich gehörig betrachten, als ihre Kinder; auch wenn sie nicht sichtbar mit ihr verbunden sind, und sie muß ihnen ihre mütterliche Fürsorge angedeihen lassen. "
Das heißt, durch eine magisch verstandene Taufwiedergeburtslehre gehören alle Christen, ob sie es wollen oder nicht, ob sie es wissen oder nicht, automatisch zur Römisch-Katholischen Kirche! Die sichtbare Einheit muß nur noch durch ihre äußere Rückkehr in den Schoß Roms deutlich werden. Diesem Ziel dienen die katholischen ökumenischen Bemühungen in letzter Hinsicht. Dem dienen die gemeinsamen Arbeitspapiere und Teilergebnisse von Verhandlungen. Alle Christen gehören der Herde des römischen Hirten.
Dabei steht für Bea und den Vatikan bis heute fest, wie Bea im gleichen Buch schreibt, daß keine Rede davon sein kann
"daß ein Konzil Kompromisse auf dem Gebiet des Dogmas der katholischen Glaubenslehre machen könnte."
Weiter sagt er, daß es unmöglich sei, wenn man den getrennten Brüdern Hoffnung machen wollte,
"die römische Kirche werde von ihnen für die Wiedervereinigung nur die Anerkennung der ,wesentlichen Dogmen' fordern, werde etwa auf die Annahme der Glaubensdekrete des Konzils von Trient verzichten oder sich dazu verstehen, das Dogma vom Primat oder von der Unfehlbarkeit des Papstes zu revidieren. Was die Kirche einmal als Glaubenssatz verkündet hat, hat sie verkündet unter dem Beistand des Heiligen Geistes, als eine von Gott geoffenbarte Wahrheit, über die sie selbst in keiner Weise verfügen kann."
Das bedeutet, daß alle Beschlüsse des gegenreformatorischen Konzils von Trient (1545-1563) gelten. Das heißt, alle Kirchen müssen akzeptieren, daß die katholische Überlieferung (Tradition) gleichberechtigte Offenbarungsquelle des Willens Gottes neben der Bibel ist.
Das bedeutet weiter folgendes:
Der katholische Glaube ist heute lehrmäßig und von der praktizierten Spiritualität her noch weiter vom Evangelium entfernt als zur Zeit der Reformation. Hatte die Katholische Kirche im 16. Jahrhundert nur behauptet, daß Konzile nicht irren können, was Luther aufs Heftigste bekämpft hat, so muß heute geglaubt werden, daß auch der Papst nicht irren kann, wenn er im Amt redet (ex cathedra) (Dogma von 1871). Um selig zu werden, muß nach katholischer Lehre geglaubt werden, daß Maria leiblich in den Himmel aufgefahren ist (Lehrentscheidung ex cathedra von Pius XII. aus dem Jahr 1950) usw. Zu diem Absolutheitsanspruch im Blick auf die Lehre stand auch der Pionier der katholischen Ökumene, Kardinal Bea. Heute wird allgemein angenommen, daß die Kirche Roms hinter die beim II. Vatikanischen Konzil gemachten Beschlüsse zurückgegangen sei. Somit muß man Beas Forderungen im Blick auf die katholische Verhandlungsbasis noch ernster nehmen als in den 60er Jahren. Aufschlussreich ist, dass Papst Benedikt XVI. in der von ihm unterschriebenen Erklärung "DOMINUS IESUS — über die Einzigkeit und die Heilsuniversalität der Kirche" am 6. August 2000, 10 Monate nach der >Gemeinsamen Erklärung des Lutherischen Weltbundes mit der Römischen Kirche zur Rechtfertigungslehre erklärte:
"Wie es nur einen einzigen Christus gibt, so gibt es nur einen einzigen Leib Christi, eine einzige Braut Christi: »die eine alleinige katholische und apostolische Kirche".
Einfacher gestrickt war da der 1954 sehr populäre Jesuitenpater Leppich, der in Braunschweig während einer volksmissionarischen Predigt zur zentralen Bedeutung des katholischen Abendmahls- und Amtsverständnisses den zahlreich anwesenden evangelischen Christen zurief:
"Ihr Protestanten, auf euren Altären wächst ja Gras!"
Am 10. Juni 1969 kam es zum ersten Besuch von Papst Paul VI. beim ÖRK in Genf. Bei allen Einheitsbekundungen verstand sich dieser wie alle anderen Päpste in dem Satz
"Ich bin Petrus!"
Obwohl es einige schwärmerische Ökumeneverfechter anders erhofften, gab und gibt es für Rom keine Möglichkeit, dem ÖRK beizutreten. Da sich die Kirche Roms als die eigentliche Kirche versteht, kann sie sich in einen derartigen Bund nicht integrieren. Auch unterscheidet sie zwischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Kirchen sind nach ihren Verständnis nur derartige Kirchen, die die apostolische Sukzession, das heißt, die angebliche ununterbrochene Linie der Bischofsweihen von den Aposteln her, aufweisen und die sieben katholischen Sakramente verwalten. Somit ist ein Großteil, besonders der Protestanten, nicht Kirche im Vollsinn Roms, sondern nur kirchliche Gemeinschaft. Eine Konsequenz daraus ist, daß deren Amtshandlungen für Rom nicht vollgültig sind. So ist eine nach römischem Ritus geschlossene Ehe unauflöslich. Ein protestantisch Verheirateter jedoch kann sich nach einer Scheidung auch katholisch wieder trauen lassen.
Zur katholischen Rückkehr-Ökumene gehören auch Gespräche, die der Vertrauensbildung mit führenden Protestanten dienen. Hier sind sicher auch Gespräche und Empfänge mit solchen bedeutenden Evangelikalen wie Professor Peter Beyerhaus aus Tübingen oder dem Weltevangelisten Dr. Billy Graham einzureihen. Die Lehrgespräche, über die das Sekretariat für die Einheit der Christen Kontakte zu den konfessionellen Weltbünden und zu Einzelkirchen pflegt, haben die gleiche Zielrichtung. Im folgenden eine kurze Auflistung:
Mit diesen Kirchen war es am leichtesten, da sie der Lehre Roms sehr nahestanden. Am 7.12.1965 erfolgte die Aufhebung des Bannfluches zwischen Rom und Konstantinopel. Dieser war in Folge der Kirchenspaltung von 1054 sowohl von Rom gegen Konstantinopel wie auch vom dortigen Patriarchen gegen den Papst ausgesprochen worden. Im Juli 1967 stattete der Papst dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxen, dem Patriarchen von Konstantinopel, einen Besuch ab, den dieser schon im Oktober des gleichen Jahres bei Paul VI. erwiderte. Es wurde die Anerkennung der Eheschließung und der Eucharistiefeier auf Gegenseitigkeit 1967 bis 1969 beschlossen. Die Nähe der Kirchen in dogmatischen Fragen konnte die Vorbehalte der Ostkirchen gegen das zentralistische System der Römischen Kirche nicht aufheben. Erst 1975 wurde eine Kommission ernannt, die dem "Dialog der Liebe", wie er genannt wurde, den "Dialog der Wahrheit" folgen lassen sollte. Aber diese Kommission brauchte weitere fünf Jahre, bis sie ihre erste Vollversammlung (25.5.-4.6.1980) durchführte. Aber auch jetzt geht die Annäherung Roms an die Orthodoxe Kirche noch weiter. Im Mai 1999 kam es zu einem Besuch des Papstes in Rumänien. Papst Johannes Paul II. und Patriarch Teokist von Rumänien tauschten mehrmals "Bruderküsse" und als Zeichen der Ökumene die Abendmahlskelche aus. Probleme gab es nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Rußland, dem Staat mit der größten Orthodoxen Kirche der Welt. Die als Staatskirche etablierte Orthodoxe Kirche Rußlands betrachtet sich als für Rußland allein zuständige Kirche. Besonders heftige Auseinandersetzungen gab es im Streit um die sogenannten Unierten, die auf der Lemberger Synode auf Stalins Druck hin mit Zwang zur Orthodoxen Kirche gebracht wurden. Diese im orthodoxen Ritus arbeitenden, dem Papst unterstehenden Unierten Kirchen haben sich vor 400 Jahren von der Orthodoxie des Ostens getrennt. Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus trat die Unierte Kirche wieder offen auf. Der russische und der ukrainische Orthodoxe Patriarch verloren die Herrschaft bei den Unierten. Seither gibt es oft peinlichste Prozesse um Kirchengebäude zwischen Orthodoxen und Unierten Kirchen in der Ukraine und Rußland. Sollten diese Eifersüchteleien überwunden werden und es zu einer Versöhnung zwischen dem noch romfeindlich gesonnenen Patriarchen Alexej II. von Moskau kommen, steht nichts mehr zwischen Rom und der Orthodoxie. Dann wäre der über 950 Jahre währende Streit zwischen der Kirche des Ostens und Rom so gut wie beigelegt.
Diese der orthodoxen Kirche ähnelnden Glaubensgemeinschaften, die sich schon zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert von der Kirche abspalteten, kamen zu ähnlichen Vereinbarungen mit Rom wie die Orthodoxe Kirche. Es handelt sich dabei u.a. um die Armenisch- und Syrisch-Orthodoxe Kirche, die Koptisch-Orthodoxe Kirche und die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche. 1971 gab es eine gemeinsame Erklärung in Wien, in der es heißt, daß diese Kirchen und die Römisch-Katholische Kirche ihr "gemeinsames Fundament in derselben apostolischen Tradition haben".
Nach dem Besuch von Erzbischof Fisher 1960 beim Papst setzten sich die engen Verbindungen in der Entsendung von drei anglikanischen Beobachtern beim II. Vatikanischen Konzil fort. Im März 1966 machte Erzbischof Michael Ramsey, das damalige Oberhaupt der Anglikanischen Kirche, einen weiteren Besuch, diesmal bei Paul VI. Diese Besuche brachten den römisch-anglikanischen Dialog weiter voran. Noch 1966 wurde ein anglikanisches Studienzentrum mit einem ständigen Vertreter des Erzbischofs von Canterbury beim Vatikan in Rom eröffnet. Da die Lehrähnlichkeiten zwischen der bischöflich verfaßten Anglikanischen Kirche und Rom ebenfalls stark sind, brachte eine gemeinsame Kommission schon 1971 die sogenannte "Windsor-Erklärung" über die gemeinsame Sicht der Eucharistie (Abendmahl) und 1973 die Canterbury-Erklärung über das Amt (Bischof/Priester) heraus. 1976 und 1981 gab es eine Erklärung über die Autorität der Kirche. Erschwert wurde der Dialog 1996 durch die Einführung des weiblichen Priesteramtes in der Anglikanischen Kirche. Aber insgesamt gab es schon immer einen romfreundlichen Flügel in der Anglikanischen Kirche, der heute stärker ist denn je. Offizielles Oberhaupt dieser Kirche ist der jeweilige englische König oder die Königin. Dabei ist es interessant, daß erstmalig erwogen wird, daß Mitglieder der Königsfamilie auch Glieder der Römisch-Katholischen Kirche heiraten dürfen. Dies war bisher aus historischen und theologischen Gründen verboten. Es gibt weitere seperate Verhandlungen mit den Anglikanern auf Weltebene, z.B. in USA oder Südafrika.
Schon seit dem Konzil gibt es offizielle Kontakte zwischen Vatikan und Lutherischen Weltbund. Seit 1965 besteht eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die ebenfalls mehrere theologische Erklärungen herausgab. Zwischen 1967-72 arbeitete die Kommission "Evangelium und Kirche", die als gemeinsames Konsenspapier den Malta-Bericht 1972 veröffentlichte. 1978 erschien ein gemeinsames Papier zum "Herrenmahl" und 1980 eine Stellungnahme zum Augsburger Bekenntnis und eine Erklärung "Wege zur Gemeinschaft". Eine wichtige Ergänzung dazu bildeten die Gespräche auf nationaler Ebene, besonders in den USA, aus denen insgesamt sieben Ergebnistexte hervorgegangen sind:
Am 13. Dezember 1995 erfolgte ein Besuch des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, des badischen Bischofs Klaus Engelhardt beim Papst. Zwar kam Engelhardt namens der EKD und nicht der Lutherischen Kirche oder des Lutherischen Weltbundes. Da er aber Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands war, zu dem auch die Deutschen Lutherischen Kirchen gehören, und da er das Land der Reformation in Rom repräsentierte, wurde er als Vertreter der Lutheraner betrachtet. In Rom nahm er namens der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) die Lehrverurteilungen der Reformationszeit offiziell zurück. Dies war Rom insofern wichtig, da es in der Deutschen Kirche die Kirche Luthers sieht. Denn von Deutschland ging die Reformation aus. Wobei einigen fraglich ist, wofür sich die EKD eigentlich entschuldigt hat. In der Reformation gab es keine einzige Lehrverurteilung der Römischen Kirche. Für solch ein Vorgehen hätte den Protestanten jedes Gremium gefehlt. Auch in den Bekenntnischriften gibt es keine ausdrückliche Verurteilung der Römischen Lehre. Im Gegensatz dazu aber sind die Protestanten hunderte Male seit der Bannbulle gegen Luther 1521 offiziell durch Rom verurteilt worden. Letztlich lief die Entschuldigung Engelhardts auf eine Entschuldigung für die Reformation und die Probleme, die die Römische Kirche dadurch hatte, hinaus.
S. hierzu auch: Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre
Nach Vorgesprächen 1968/69 nahm auch eine Studienkommission des Reformierten Weltbundes und des Einheitssekretariates seine Arbeit 1970 auf. Sein Thema lautete "Die Gegenwart Christi in der Kirche und der Welt". 1977 kam es zu einem Schlußbericht, in dem es u.a. gemeinsame Aussagen zur Lehrautorität der Kirche gibt.
Das Gespräch mit dem Methodistischen Weltrat (seit 1967) beschäftigte sich vor allem mit den Themen: Christliche Spiritualität, Eucharistie, Ehe, Familie, Autorität, Heiliger Geist. Nach Abschluß einer ersten Gesprächsrunde 1971 wurde eine zweite über Fragen nach den Beziehungen zwischen dem Christentum und den anderen Religionen und Ideologien aufgenommen.
Die zurzeit weltweit sehr stark wachsende >Pfingstbewegung gehört in die Gesprächsrunden Roms hinein. Vertreter dieser Kirche waren ebenso wie Orthodoxe und Vertreter der Kirchen der Reformation zum II. Vatikanischen Konzil geladen. Sie haben die Einladung schon damals angenommen. Hier gibt es über die katholisch-charismatische Bewegung ohnehin starke Berührungspunkte. Johannes Paul II. hat die katholisch-charismatische Bewegung unter seinen speziellen Schutz genommen. Lange Zeit war Kardinal Leon Joseph Suenens von Brüssel der Vatikanische Beauftragte für die Charismatiker. Später nahm der Straßburger Kardinal dieses Amt wahr. Die katholische charismatische Bewegung unterhält nach Zwischenstationen etwa in Brüssel seit 1981 ihr Büro direkt in Rom. In den USA führten die Annäherungen von Katholiken und Pfingstlern zu einem aufsehenerregenden Übertritt einer ganzen Pfingstgemeinde in die Römisch-Katholische Kirche.
Konsequenz:
Wenn wir ernstnehmen, was Kardinal Bea sagte, daß die Römische Kirche den anderen Kirchen
keine "Hoffnung machen wolle, die Römische Kirche werde von ihnen für die Wiedervereinigung nur die Anerkennung der wesentlichen Dogmen fordern...",
dann muß man zu dem Schluß kommen, daß die führenden Protestanten und Orthodoxen, ja selbst Freikirchler wie Methodisten und Baptisten dabei sind, ihr Glaubensgut zugunsten des römischen Dogmas und einer Einheitsphilosophie zu opfern. Der Zeitgeist versteht die konfessionellen Unterschiede kaum. Aber dieser Zeitgeist darf nicht Maßstab sein. Liebe ohne Wahrheit ist Heuchelei oder Affenliebe. Die Anbiederung an Roms Dogma ist ein Verrat an der Reformation und letztlich an unserem Herrn.
Es paßt in eine Zeit, von der Paulus sagte:
"Denn es wird eine Zeit kommen, da sie die heilsame Lehre nicht ertragen werden; sondern nach ihren eigenen Gelüsten werden sie sich selbst Lehrer aufladen, nach denen ihnen die Ohren jucken, und werden die Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Fabeln zukehren. Du aber sei nüchtern in allen Dingen, leide willig, tu das Werk eines Predigers des Evangeliums, richte dein Amt redlich aus" (2. Tim 4,3-5).
Lit.: T. Rhese, Ökumene - woher und wohin? 1983, R. Wagner, Gemeinde Jesu zwischen Spaltungen und Ökumene, 2002.
Rainer Wagner
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