Zur Kritik des Atheismus werden häufig die sogenannten Gottesbeweise (Gottesbeweise) ins Feld geführt. Die einzelnen Gottesbeweise besitzen unterschiedliche Überzeugungskraft. Ihr Gewicht erwächst aus ihrer Kombination.
Gottesbeweise finden sich bereits bei griechischen Philosophen (Platon, Aristoteles). Die wichtigsten wurden klassisch formuliert von Anselm von Canterbury, Duns Scotus, Thomas von Aquin u.a.. Massiv kritisiert und reduziert wurden sie von Aufklärungsphilosophen, v.a. von Immanuel Kant. Neuzeitliche Apologeten (z.B. Norman Geisler) haben sie neu aufgegriffen und verbessert. Sie würden, soweit sie rein logische Denkkonstruktionen sind, nicht ausreichen, wenn sich Gott nicht selbst offenbart hätte:
Die Gottesbeweise werden erst überzeugend, soweit sie an solche - auch empirisch nachprüfbare! - Offenbarungen anknüpfen. Nachfolgend die wichtigsten Gottesbeweise im Überblick:
(to on - das Seiende, Beweis aufgrund des Daseins; Anselm von Canterbury, Proslogion) setzt voraus, daß das in einem logischen System begrifflich Geforderte auch in der Wirklichkeit vorhanden sein muss (vgl. Platons Ideenlehre).
1. Gott ist das, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann
2. Wenn das, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, nur im Denken vorhanden wäre (und nicht im tatsächlichen Sein), dann gäbe es etwas Größeres im tatsächlichen Sein als das, was denkbar ist.
3. Das aber ist logisch unmöglich.
4. Deshalb ist Gott (als dasjenige, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann), sowohl dem Denken als der Sache nach wirklich.
Kant (Kritik der reinen Vernunft 2/2/3/4) bezeichnet diese Argumentation als "bloße Tautologie":
"Ihr habt schon einen Widerspruch begangen, wenn ihr in den Begriff eines Dinges, welches ihr lediglich seiner Möglichkeit nach denken wollt ... schon den Begriff seiner Existenz hineinbrachtet ... Und so enthält das Wirkliche nichts mehr als das bloß Mögliche. Hundert wirkliche Taler enthalten (in Anselms Modell; L. Gottesbeweise) nicht das mindeste mehr, als hundert mögliche."
Anselms ontologischer Gottesbeweis ist in der Tat logisch-abstrakt. Für sich allein genommen, reicht er nicht aus. Norman Geisler schreibt zu Recht:
"Der einzige Weg zu beweisen, daß Gott existiert, erfordert, daß man den Schöpfungsbeweis hineinschmuggelt. Dennoch kann die ontologische Beweisführung nützlich sein, denn sie zeigt: Wenn es einen Gott gibt, so existiert er notwendigerweise" (Wenn Skeptiker fragen, S. 35).
(to kosmos - die Welt; Beweis aufgrund der Beschaffenheit der Welt)Klassische Form (Anselm von Canterbury, Monologion; Anknüpfung an die platonische Lehre von der Teilhabe der Güter an einem höchsten Gut, vgl. Ideenlehre und Metamorphosis):
1. Es gibt in der Welt eine große Mannigfaltigkeit zahlloser verschiedener Güter.
2. Diese Güter sind in verschiedenem Grade gut.
3. Sie haben ihr Gut-Sein auf Grund von irgend etwas, das ihnen allen gleichermaßen zukommt und einen Wert verleiht.
4. Dieses Etwas ist in höchstem Grade gut und besitzt sein Gut-Sein in sich selbst.
5. Dieses höchste Gute und höchste Große ist Gott.
Dieser Beweis, der mit dem ontologischen durchaus verwandt ist, aber durch die Einbeziehung der Kategorie "Welt" über ihn hinausgeht, erfuhr verschiedene Variationen durch die Betonung der Kausalität (Kausalitätsbeweis), der Kontingenz aller Dinge (Kontingenzbeweis) oder der Bewegung (kinetischer Beweis):
1. Weil es ein "Heute" und folglich "Zeit" gibt, muss das Universum einen Anfang gehabt haben.
2. Was einen Anfang besitzt, muss von etwas anderem verursacht worden sein, das keinen Anfang besitzt, sondern die Zeit übersteigt und ewig ist.
3. Diese ewige, anfangslose Ursache allen Seins ist Gott.
1. Wenn etwas existiert, muss etwas existieren, was die Existenz des Existierenden ermöglicht.
2. Das Universum, bestehend aus Materie, Raum und Zeit, existiert.
3. Deshalb muss etwas existieren, was die Existenz des Universums ermöglicht.
4. Was die Existenz des Universums ermöglicht, kann nicht an Materie, Raum und Zeit gebunden sein, sondern muss diese Gegebenheiten transzendieren.
5. Dieses Transzendierende ist Gott.
1. Das Universum, bestehend aus Materie, Raum und Zeit, befindet sich in einem ständigen Prozess der Veränderung.
2. Materie, Raum und Zeit können sich nicht von selbst verändern.
3. Also braucht es einen Beweger von außerhalb, der Materie, Raum und Zeit verändert, und selber der Veränderung nicht unterworfen ist.
4. Dieser unbewegte Beweger ist Gott.
Gemeinsam ist diesen Gottesbeweisen der Rückschluss von der Welt auf einen Weltschöpfer. In allen Fällen wird eine regressio ad infinitum (Zurückgehen bis zum Unendlichen) abgelehnt und an die Stelle von Unendlichkeit Gott als anfang-setzende Macht eingesetzt. Kant hat solche Anschauungen als bloße Varianten des ontologischen Gottesbeweises betrachtet und verworfen. Dennoch gehen sie über den ontologischen Beweis hinaus. Im Zusammenhang mit dem teleologischen Gottesbeweis erhalten sie vermehrte Überzeugungskraft.
(to telos - das Ziel, Beweis aufgrund der Ordnung und Zielgerichtetheit des Universums). Beweisgang:
1. Jeder Plan setzt einen Planer voraus.
2. Das Universum ist planvoll angelegt.
3. Also gibt es einen Planer des Universums.
4. Dieser Planer ist Gott.
Dieser Beweis lässt sich überzeugend veranschaulichen angesichts unzähliger empirischer Gegebenheiten, etwa des wunderbaren Aufbaus von Mikro- und Makrokosmos (Bakterienwelt und Weltall), des menschlichen Gehirns, der Tier-, Pflanzen- und Mineralwelt. Einwände hiergegen kommen vor allem von zwei Seiten:
a. von der Evolution stheorie, die das Universum und Leben als Produkt des Zufalls betrachtet; doch sind gerade die Beispiele, die für den Ideologischen Gottesbeweis angeführt werden, schlagende Argumente gegen die Evolutionstheorie;
b. von der >Theodizee-Problematik mit der Beobachtung leidvoller Prozesse in der Welt; doch erklärt die Bibel diese Störungen in der ursprünglich gut geschaffenen Welt mit dem Sündenfall.
Es war der einzige Beweis, den Kant stehen ließ und ausführlich entfaltete (Kritik der praktischen Vernunft 2/2/5). Er schließt von einem vorhandenen Sittengesetz auf einen Gesetzgeber:
1. Glückseligkeit, bedingt durch die Hervorbringung des höchsten Guts (der bestmöglichen Welt), ist nur in Übereinstimmung mit der Sittlichkeit möglich.
2. Die Hervorbringung des höchsten Guts ist nur möglich, wenn eine oberste Ursache der Natur angenommen wird.
3. Diese oberste Ursache der Natur, die das höchste Gut hervorbringt, muss ein Wesen sein, das Verstand und Willen besitzt.
4. Dieses Wesen ist Gott.
Dieser Beweis setzt ein allgemein vorhandenes Sittengesetz voraus. Damit knüpft er - gewollt oder ungewollt - an das neutestamentliche Postulat des Gewissens an, das selbst den Heiden ins Herz geschrieben ist (Röm 2,14-16). Dieses universale Gewissen ist aber ein Hinweis auf einen - wenn auch vielerorts vergessenen - Schöpfer: Gott.
Allen genannten Gottesbeweisen (und die nichtgenannten sind diesen ähnlich) kommt die Gemeinsamkeit zu, dass sie von Gegebenheiten der Welt (Sein, Sehnsucht, Moral, Gewissen) ausgehen und von da aus zur Postulierung Gottes gelangen. Nicht ohne Grund sind sie v.a. in der katholischen Theologie beheimatet, welche das Stufenschema "Natur und Gnade" (ontisch, noetisch und soteriologisch) vertritt.
Und nicht ohne Grund hat sie aus eben diesem Grund Karl Barth abgelehnt und als "Verweltlichung Gottes" kritisiert, der als die äußerste Letztheit der Welt dann nur noch ein Stück Welt sei. Barths Vorwurf ist durchaus insofern zuzustimmen, als Gott jede menschliche Begrifflichkeit und Denkbarkeit überschreitet. Aber den meisten Gottesbeweisen ist doch andererseits zueigen, dass sie Gott eben nicht als Verlängerung der Welt betrachten, sondern als ganz und gar transzendenten Urheber derselben. Freilich - so denke ich auch - ist es problematisch, von "Gottesbeweisen" zu reden, wenn es sich um Analogien und Rückschlüsse handelt (wenn auch e contrario und in der Diastase von Transzendenz und Immanenz).
Der bescheidene Begriff "Gotteshinweise" wäre angebrachter. Und doch fügen sich diese "Hinweise" organisch in das Bild, welches die - letztlich entscheidende! - biblische Offenbarung über die Existenz und das Wesen Gottes vermittelt:
Er ist der allmächtige, ewige Schöpfer und Erhalter der Welt. Die Gotteshinweise widersprechen also der biblischen Offenbarung nicht, sondern sie bestätigen sie. Das bleibt - auch an die Adresse Barths gerichtet - festzuhalten.
Lit.: Lit: N. L. Geisler, Christian Apologetics, 1992,173-192; ders.. Wenn Skeptiker fragen, 1996, 55-62.
Lothar Gassmann
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