Die Ökumene ist das Zentrum der Bemühungen der Bruderschaft von Taizé Die theologischen Gedanken, welche Taizé-Gründer Roger Schutz geleitet haben, werden anhand des folgenden Zitates deutlich:
"Oh Gott, Vater aller Menschen, du bittest jeden von uns, Liebe dorthin zu tragen, wo Arme erniedrigt werden, Freude dorthin, wo die Kirche entmutigt ist, und Versöhnung dorthin, wo die Menschen uneins sind, der Vater mit dem Sohn, die Mutter mit der Tochter, der Mann mit seiner Frau, der Glaubende mit dem, der nicht glauben kann, der Christ mit seinem nicht geliebten christlichen Bruder. Du bahnst uns diesen Weg, damit der zerstückelte Leib Jesu Christi, deine Kirche Ferment der Gemeinschaft sei für die Armen der Erde und für die ganze Menschheitsfamilie. Uns beide lässt das Leiden in der heutigen Welt nicht ruhen. Angesichts der Wunden der Menschheit werden uns die Spaltungen unter den Christen unerträglich. Werden wir unsere Trennungen aufgeben und uns von der Angst voreinander freimachen? Wozu bei jeder Streitigkeit danach suchen, wer recht und wer unrecht hatte?"
Immer wieder spricht Schutz davon, dass die Christen zum "Sauerteig der Versöhnung" innerhalb der Menschheitsfamilie werden sollen. Für Schutz ist Gott der Vater aller Menschen. Deshalb reicht der ökumenische Ansatz von Taizé weit über die christlichen Kirchen hinaus. Die Einigung innerhalb der christlichen Konfessionen stellt für Schutz nur den ersten Schritt dar. Wird diese mehr und mehr verwirklicht, sollen die Christen eine Art Vorhut werden, um auch den Rest der Menschheit untereinander zu versöhnen. Versöhnung mit Gott durch Buße, Umkehr und Glaube läßt sich in seinen Schriften dagegen nur schwerlich finden. Da Gott für Schutz nur Liebe ist und Jesus in jedem Menschen wohne und bete, erscheint eine Versöhnung mit Gott in der Theologie von Taizé auch nicht notwendig zu sein. Auch Sünde wird in diesem Zusammenhang fast nur innerweltlich verstanden, z.B. als Unversöhnlichkeit oder ungerechte Güterverteilung. Ziel der ökumenischen Theologie des Roger Schutz ist ein Weltfrieden der versöhnten Menschheit. Um diese Ziele zu erreichen, wird die ökumenische Theologie von Taizé getragen durch einen breit angelegten theologischen >Pluralismus. Themen wie Eucharistie, Maria, Zölibat und Kontemplation werden ganz im Sinne der katholischen Lehren bzw. der Mystik beantwortet., was auch der Empfang der Eucharistie durch Schutz beim Papstbegräbnis kurze Zeit vor seinem eigenen gewaltsamen Tod im Jahre 2005 beweist (Rückkehr-Ökumene).
Besonders prägend für Taizé sind neben den Gottesdiensten und deren Musik auch die Bekanntschaften mit anderen Besuchern. Je nachdem, wie eine Gesprächsgruppe besetzt ist und welchen Leiter sie hat, verlaufen die Gespräche völlig unterschiedlich. Der von den Brüdern gewollte theologische Pluralismus setzt sich also bis in die Kleingruppen fort. Die Bandbreite der Besucherschaft ist dabei enorm:
trifft man in Taizé Neben der konfessionellen Breite trägt zum Pluralismus auch die große Anzahl von unterschiedlichen Nationen bei, die in Taizé vertreten ist. Insgesamt muss man feststellen, dass sich die meisten Besucher weniger rational und lehrmäßig mit dem beschäftigen, was an Lehre in Taizé vorhanden ist, als vielmehr die Ökumene gefühlsmäßig erleben. Das mag vor allem auch daran liegen, dass die Gottesdienste in der Woche keine Predigten enthalten, sondern fast ausschließlich liturgisch geprägt sind durch die Gesänge von Taizé Das Gefühl der Friedfertigkeit und Verbundenheit untereinander ist enorm groß, wenn man einem Gottesdienst von Taizé beiwohnt. Auch am späteren Abend, nach dem letzten Gottesdienst, macht sich durch Gitarrenspiel und Gesang eine harmonische Stimmung breit, die viele Taizé-Besucher sehr schätzen. Ein weit verbreitetes Phänomen ist aus diesem Grund auch das sogenannte "Taizé-Loch", in welches nicht wenige Besucher fallen, wenn sie nach einem Taizé-Besuch wieder in die harte Alltagsrealität zurückkehren müssen.
Studiert man die Bücher von Roger Schutz, so fällt auf, dass manche biblischen Themen gar nicht angesprochen werden. So fehlt völlig die biblische Einordnung des Menschen als Sünder durch und durch. Da nach Schutz sowieso Christus in jedem Menschen wohne, erscheint der Mensch eigentlich als gut und in der Lage, durch Kontemplation und gute Werke sich selbst zu erlösen. An keiner Stelle findet sich der durch die Bibel vorgezeichnete Weg zum Heil allein durch das Kreuzesopfer Jesu Christi. Auch vom Zorn Gottes oder der Gerechtigkeit Gottes, welche auch zu Strafen führen können, ist nie die Rede. Das Gottesbild des Roger Schutz ist durch diese Verkürzung eine Verstümmelung des Gottes der Bibel. Der Heilsweg, welcher in Taizé gelehrt wird, kann aus biblischer Sicht nur als Irrweg beschrieben werden. Skambraks schreibt dazu treffend:
"Die Bibel kennt diesen Weg der Kontemplation nicht. Nirgendwo in der Bibel ist von einer Selbstversenkung die Rede, durch die man in eigener Kraft Christus finden könnte. (...) Die in Taizé vorgestellten Glaubenspraktiken haben ihr Zuhause in der Esoterik und in fernöstlichen Religionen."
Der doppelte Ausgang, also ewige Hölle oder ewiger Himmel, welchen die Bibel für die Menschen lehrt, findet sich bei Schutz nicht. Da sein Gott nicht straft und nur Liebe ist, führt seine Theologie zur >Allversöhnung. Ohnehin richtet sich sein Augenmerk auf die jetzige Welt. Es geht ihm um die Versöhnung der Menschen untereinander. Die erst notwendige Versöhnung mit Gott übersieht er völlig bzw. setzt sie fälschlicherweise für alle Menschen voraus. Dazu kommt noch, dass Roger Schutz schon früh die katholische Lehre der Eucharistie und der Marienverehrung annahm. Aus biblisch-reformatorischer Sicht ist dies ganz klar ein Irrweg.
Lit.: M. Dannlowski, Taizé - Pilgerweg zur Ökumene, 2004
Marc Dannlowski
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